Das

Grundrecht

auf Sozialisierung

Der erste Abschnitt des Grundgesetzes behandelt die durch keine Verfassungsreform veränderbaren Grundrechte, aber auch ihre Einschränkungen. So wird in Artikel 14 zwar das Recht auf Eigentum gewährleistet, aber gleichzeitig heißt es: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Im Falle der meisten Banken darf man erhebliche Zweifel anmelden, ob ihr Eigentum in den vergangenen Jahren „dem Wohle der Allgemeinheit“ diente. Keine Zweifel sind mindestens bei der Hypo Real Estate angebracht, deren Geschäftspraktiken die Allgemeinheit bereits mit 130 Milliarden Euro belasten. Einen massiveren Verstoß gegen das Allgemeinwohl kann man sich kaum vorstellen. Außerdem gibt es da, ebenfalls im Abschnitt über die Grundrechte, noch den Artikel 15 mit der schönen Überschrift „Sozialisierung“.  Darin heißt es: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung...in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ Wahrscheinlich würde der halbe Bundestag darauf schwören, dass dieser Satz im Programm der Linken, wenn nicht sogar in der DDR-Verfassung steht. Kein Wunder, wenn sie die  Enteignung der Hypo Real Estate für einen Verfassungsbruch halten. Dabei hat die Übernahme der Hypo Real Estate eben so wenig mit Enteignung zu tun, wie das Löschen eines brennenden Hauses mit Sachbeschädigung. Bei dieser Bank werden Schulden sozialisiert und mehr nicht.

Um der Diskussion über das Grundgesetz aus dem Wege zu gehen, ziehen es die meisten Politiker vor, die soziale Marktwirtschaft zu beschwören – aber die steht eben so wenig nicht im Grundgesetz, wie es sich überhaupt nirgendwo auf eine bestimmte Wirtschaftsform festlegt. (dazu mehr in 60 Jahre Grundgesetz) Hellhörig muss man jedoch werden, wenn sich die Bedenkenträger auf die EU, beziehungsweise den Vertrag von Lissabon beziehen. Denn in der Tat ist in diesem Vertrag - im Gegensatz zum Grundgesetz – durchaus eine Wirtschaftsordnung vorgeschrieben. Grund genug nicht nur diesen Vertrag, sondern die „Rechtssetzung“ der EU überhaupt in Frage zu stellen. Seit langem schon wird in Brüssel versucht, die neoliberale Ideologie in Richtlinien und Verträge umzusetzen, die dem Grundgesetz  widersprechen.

Harald Werner 31. März 09

 


[angelegt/ aktualisiert am  31.03.2009]