Harald Werner - Alles was links ist
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Die Internationale des Neoliberalismus

Während der Neoliberalismus in der Bundesrepublik aber auch in vielen anderen Nationalstaaten an Boden verliert, festigt er seine Dominanz auf supranationaler Ebene. Verantwortlich dafür sind die in den vergangenen Jahrzehnten verabschiedeten Richtlinien und Satzungen, vor allem aber die bestehenden Apparate. Von der Bolkestein-Richtlinie und dem EU-Verfasssungsentwurf einmal abgesehen, haben sich die politische Linke und die Gewerkschaften kaum um die unzähligen Memoranden und Richtlinien gekümmert, die heute wie ein Albdruck auf der Politik der gewählten Parlamente lasten. Der Bundestag und andere Nationalparlamente haben die Papierflut der EU-Kommisison oder die Verträge zur Gründung solcher Organisationen wie der OECD fast ohne Aussprache abgenickt, obwohl damit der politische Gestaltungsraum eingeengt und häufig auch Verfassungsgrundsätze aufgegeben wurden. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde damit ein demokratiefreier Raum geschaffen, der ausschließlich den jeweiligen Regierungen zugänglich ist. Egal welche Regierungen in den nächsten Jahren gewählt werden, sie alle treten das neoliberale Erbe der vergangenen zwei Jahrzehnte an.

Die EU-Behörden und die anderen internationalen Institutionen sind zu einer realen Macht ohne demokratische Kontrolle geworden. Ihre fast ausschließlich mit neoliberalem Personal besetzten Apparate besitzen zwar kaum direkte Machtbefugnisse, verfügen aber über erheblichen Einfluss auf Regierungen und öffentliche Meinung, weil sich ihre Stellungnahmen als scheinbar unabhängige Expertisen ausgeben. Eine Ausnahme macht die EU, die zusätzlich über eine eigene Gerichtsbarkeit verfügt und, wie im Fall des Niedersächsischen Vergabegesetzes, direkt in die nationale Politik eingreift. Zwar besitzt sie im Gegensatz zu den anderen internationalen Institutionen ein souveränes Parlament, hat diesem aber so wenig Rechte zugebilligt, dass die wesentlichen Einscheidungen immer noch von der Europäischen Kommission und dem Ministerrat  getroffen und vom Europäischen Gerichtshof durchgesetzt werden.

Zwar ist es durch den öffentlichen Widerstand gelungen, die EU-Verfassung mit ihrer eindeutig neoliberalen Zielsetzung zu verhindern, doch die bereits bestehenden Richtlinien sind so weitgehend, dass sie keiner Verfassungsgrundlage bedürfen. Dementsprechend beschränkt sich der jetzt zur Abstimmung  in den Parlamenten anstehende EU-Vertrag scheinbar auf eine Reform der Institutionen, doch ihm zuzustimmen bedeutet, die unkontrollierte Macht der EU-Behörden zu akzeptieren. 

Harald Werner 11. April 2008 


[angelegt/ aktualisiert am  11.04.2008]