Harald Werner - Alles was links ist
 

Weshalb der Islam zu Deutschland gehört

Nehmen wir zunächst einmal die positive Seite. Der Islam hat mehr und wichtigere Kulturgüter nach Mitteleuropa gebracht, als alle christlichen Missionare zusammengenommen, weil er weniger eine Religion, als ein Jahrtausende altes kulturelles Erbe mit sich brachte.  Denn als unsere Vorfahren überwiegend noch in Hütten oder Erdhöhlen überlebten, wurden im Vorderen Orient bereits Bauten errichtet, die wir heute noch Weltwunder nennen. Als die wilden Stämme Nordeuropas noch nicht einmal eine eigene Schrift besaßen, waren im Vorderen Orient bereits die Grundlagen der Physik, Astronomie, Philosophie und Mathematik gelegt. Hierzulande bezieht man sich gern auf das geistige Erbgut der Antike, ohne zu wissen, dass sich dieses auf den geistigen Nachlass der Ägypter und Perser gründete und es Araber waren, die diesen Nachlass nicht nur weiterentwickelten, sondern die alten Schriften auch ins Lateinische übersetzten. Viele wissenschaftliche Erkenntnisse von Aristoteles, Plutarch und vielen anderen Griechen gelangten erst durch arabische Übersetzer nach Mitteleuropa.

 

„Die Araber galten als "die Philosophen" schlechthin. Avicenna, dessen eigentlicher Name Ibn Sina war, Arzt, Physiker, Philosoph, Jurist, Mathematiker, Astronom und Alchemist aus Persien, stand als Autorität neben Aristoteles. Indem sie den Lateinern eine völlig neue Grundlage der Wissenschaft zugänglich machten, wurden die Araber im hohen Mittelalter…zu Geburtshelfern Europas“  Während Rechtspopulisten die Araber gern als Kameltreiber bezeichnen, waren sie im frühen Mittelalter in Wirklichkeit die geistigen Ziehväter des so genannten christlichen Abendlandes. Das vor allem weil die Araber nicht nur die Mathematik und die Naturwissenschaften des Altertums nach Europa brachten und nach Jahrzehnte langen Expeditionen die erste Weltkarte erstellten, sondern sie erfanden auch das Papier und importierten zahllose Frucht- und Gemüsesorten aus Afrika nach Europa.[i]

 

Wie das Kreuz zum Feldzeichen wurde

Die Antwort der Christenheit auf die arabische Entwicklungshilfe war nicht Anerkennung, sondern Feuer und Schwert. Zunächst wurden die Moslems aus Spanien vertrieben, wo über Jahrhunderte ein geradezu symbiotisches Zusammenleben von Christen und Moslems und Juden bestand. Dann wurde dem Islam der Krieg erklärt, die Kreuzritter zogen aus, um Jerusalem vom Islam zu befreien und das Kreuz wurde erstmals zum militärischen Feldzeichen erhoben. Was es übrigens auch heute noch ist, denn das von der Bundeswehr getragene Preußenkreuz ist nichts anderes als eben ein stilisiertes Christenkreuz.

 

Insgesamt führte das christliche Abendland seit 1096 sieben Kreuzzüge, die Hunderttausenden das Leben kosteten und große Landstriche total verwüsteten. Vom zweiten Kreuzzug berichteten die Chronisten über ein Gemetzel unter den Anwohnern Jerusalems, bei dem das Straßenpflaster von Leichen bedeckt war. Trotzdem war es genau der Zeitabschnitt, in dem der Begriff christliches Abendland geprägt wurde. Und zwar nicht im religiösen Sinne, sondern als Bezeichnung eines politischen Machtbereichs, weshalb die Kirchen ihn heute auch ungern übernehmen. So schreibt der Theologe Manfred Becker-Huberti:

Nur wenige Begriffe sind derartig frömmelnd, unpräzise und emotionsbeladen wie der des christlichen Abendlandes.“[ii]

Dementsprechend kann sich Markus Söder mit seinem Kreuzzug durch die bayerischen Amtsstuben kaum auf das Christentum beziehen, sondern bestenfalls auf all die „Kreuzzügler“ , die unter dem Kreuz schon immer eine ziemlich unchristliche Machtpolitik betrieben.   

 

Christlich-jüdische-Kultur?

Irgendwann muss es den Christdemokraten eingefallen sein, dass die Deutschen, nach dem sie Millionen Juden umgebracht hatten, dem latenten Antisemitismus endgültig den Garaus machen könnten, indem sie sich nicht nur als Erbe einer christlichen, sondern auch jüdischen  Kultur verstehen. Wobei die Erweiterung des christlichen Abendlandes um das Judentum ganz nebenbei auch heißen sollte, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Nichts anderes meinte wohl auch Alexander Dobrinth als er forderte, man müsse „die christlich-jüdische Prägung unseres Landes auch in Zukunft erhalten.“ Fragt sich nur, was da eigentlich gegen wen erhalten werden soll. Denn wenn etwas das christlich-jüdische Verhältnis geprägt hat, dann waren es Progrome, Verfolgung und millionenfacher Mord.[iii] Und das nicht ohne religiöse Anleitung. Vor allem durch Martin Luther:

  „Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen…; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, … unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (…) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“[iv]

Zugegebenermaßen lässt sich Luther nicht auf Antisemitismus reduzieren, selbst wenn führende Nazis ausschließlich aus diesem Grunde Gefallen an ihm hatten. Allerdings wird die christlich-jüdische Kultur mit diesem Zitat ebenso zu einer fatalen Lebenslüge, wie der Begriff des so genannten christlichen Abendlandes. Wie wäre es, einfach mal von den Deutschen zu sprechen, einschließlich aller Religionen und der klugen Einsicht, dass dazu ebenso viele Verbrechen, wie große Leistungen gehören.

Harald Werner 21.Mai 2018   

 


[iii] Vergl. Claudia Seidl, Islam-Debatte : Jüdisch, ehrenhalber?, Frankfurter Allgemeine, E-Paper 2.04.2018

[iv] (Martin Luther: Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff)

 


[angelegt/ aktualisiert am  22.05.2018]