Die Privatisierung und Marktorientierung der öffentlichen Daseinsvorsorge gehört gewissermaßen zum Markenkern der neoliberalen Modernisierung. Anders als in Deutschland hat sich die Schweiz nicht nur diesem Trend weitgehend entgegengesetzt, sie hat vor allem Milliarden in die Bahn investiert, um vor allem die Lkw´s von der Straße auf die Schiene zu bringen. Die Schweizerbahn ist aber nicht nur ökologisch perfekt, sondern auch noch ein Muster an Pünktlichkeit und Kundennähe. Aber sie fährt, wie der öffentliche Sektor der Schweiz ohnehin, meistens auch Gewinne für den Staatshaushalt ein. Und in der Alpenrepublik ist es wie in Deutschland üblich, dass die Spitzenmanager öffentlicher Unternehmen das Vielfache eines Ministers verdienen, der der eigentliche Chef des Unternehmens ist. So verdient ein Schweizer Minister im Jahr 430.000 Euro, der Vorstandsvorsitzende von Swisscom aber 1,6 Millionen.
Während Linke und Gewerkschaften hierzulande versuchen, mindestens die Privatisierung zu stoppen, will man in der Schweiz mit einer Volksabstimmung deutlich mehr erreichen. Erstens sollen öffentliche Unternehmen oder solche an denen der Staat beteiligt ist, keine Gewinne mehr an die öffentlichen Haushalte abführen, sondern stattdessen die Preise niedrig halten und im Interesse der Allgemeintheit neu investieren. Gleichzeitig aber, sollen deren Manager nicht mehr verdienen, als deren politische Vorgesetzte. Ein recht interessanter und neuer Vorschlag, der sich auch in der Programmatik der LINKEN und natürlich im ND niederschlagen könnte.
Die Zahlenspiele oder Kritiken zur Finanzierung und zur Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens füllen inzwischen einige Tausend Seiten, was hier deshalb nicht wiederholt werden soll. Wichtiger scheint mir eine Kritik der hoffnungslos überschätzten Effekte. Wer glaubt, dass ein realisierbares Grundeinkommen höher sein wird, als das was Hartz IV einschließlich aller Zuschläge bietet, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Man sollte sich nach den jahrelangen und erfolglosen Kämpfen für eine Erhöhung von Hartz IV auf das gesetzliche Existenzminimum nicht der Illusion hingeben, dass das Grundeinkommen komfortabler ausfallen würde. Denn die Einkommensverteilung wird im Kapitalismus immer noch durch Kräfteverhältnisse bestimmt und nicht durch statistisch logische Berechnungen.
Gleichzeitig sollte nicht vergessen werden, dass die Diskussion ihren Ursprung in den neoliberalen Thinktanks hat, wo sie zunächst als negative Einkommensteuer entworfen und als Maßnahme zur Reduzierung der Lohnersatzkosten gedacht war. So kann es sein, dass das bedingungslose Grundeinkommen durchaus eingeführt wird, aber in einer Höhe, die näher an der Armutsschwelle, als am durchschnittlichen Arbeitseinkommen liegt.
Noch sehr viel problematischer ist die Wunschvorstellung, dass die Subventionierung von Nichtarbeit die Arbeitsnachfrage verknappen würde und die Menschen endlich Zeit für all die schönen und wichtigen Dinge haben, von denen sie durch die Lohnarbeit abgehalten werden. Was dann anderseits auch dazu führen soll, dass erstens die Löhne steigen, unmenschliche Arbeitsbedingungen abgeschafft und prekäre Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr angenommen werden. Wer das glaubt, versteht erstens nichts von menschlichen Bedürfnissen und zweitens nichts vom Arbeitsmarkt.
Bei einer repräsentativen Umfrage unter 10.000 Europäern aus 28 Ländern gaben nur vier Prozent an, dass sie bei Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens auf Erwerbsarbeit verzichten würden. Was aber geschieht auf dem Arbeitsmarkt, wenn Millionen nach Arbeit suchen, die bereits ein Grundeinkommen beziehen? Da Arbeitsplätze nach wie vor knapp sein werden, das Grundeinkommen aber nur das Existenzminimum sichert, bleibt sowohl die Konkurrenz erhalten, als auch die Lohndrückerei des Kapitals. Die Löhne werden sich, den Marktgesetzen folgend, auf einem Lohnniveau einpendeln, das dem Grundeinkommen plus Arbeitslohn entspricht. Wer Grundeinkommen bezieht und zusätzlich arbeitet, ist also nur wenig mehr als der bekannte Hartz IV Aufstocker. Im Prinzip handelt es sich dann beim Grundeinkommen um nicht mehr als Lohnsubvention. Oder um der Sache einen bekannten Namen zu geben: Es handelt sich um Kombilohn. Damit nicht genug, wird der Umfang prekärer Beschäftigung durch diese Art Kombilohn nicht verringert, sondern sogar noch begünstigt. Denn es wird Millionen geben, die sich auf Grund ihrer Grundsicherung eine prekäre Beschäftigung leisten können.
Harald Werner 27.5.2016