Harald Werner - Alles was links ist
< zurück zur Liste
Druckansicht
 

Im Kern geht es um Lohnsubventionen

Ob man die Lohnsteuern senkt oder die so genannten  Lohnnebenkosten, es ist immer das Gleiche: Für die Beschäftigten kommt wenig dabei raus und im Grunde genommen dreht sich alles um Lohnsubventionen. Sinkende Lohnnebenkosten senken die Arbeitskosten und sinkende Lohnsteuern gleichen sinkende Löhne aus. Dabei verdienen über 6,5 Millionen Beschäftigte so wenig, dass sie überhaupt keine Lohnsteuern zahlen und die meisten anderen werden selbst beim großzügigsten Steuersenkungsvorschlag weniger geschenkt bekommen, als ihnen diese Bundesregierung durch die Mehrwertsteuererhöhung vorher genommen hat. Aber es kommt noch schlimmer. Die Steuersenkung ist nämlich nicht nur ein Nullsummenspiel, sondern ein Verlustgeschäft, weil das Ganze natürlich durch Abstriche bei der öffentlichen Daseinsvorsorge gegenfinanziert wird. Das gilt übrigens auch für den aberwitzigen und dummerweise vom DGB unterstützten Vorschlag der SPD, die so genannten Lohnnebenkosten zu senken. Ganz davon abgesehen, dass davon natürlich im gleichen Maße die „Not leidenden“ Unternehmen profitieren, münden sinkende Sozialbeiträge notwendigerweise in sinkende Sozialleistungen. Wer darauf entgegnet, dass die Beitragsausfälle eben durch Staatszuschüsse ausgeglichen werden müssten, hat erstens nicht begriffen, dass auch dies Unternehmenssubventionen sind und leidet zweitens unter Erinnerungslücken. Seit Jahrzehnten ist keine einzige Deckelung der Sozialbeiträge durch den Staatshaushalt ausgeglichen worden, sondern ausschließlich durch Leistungseinschränkungen. Völlig aberwitzig, ausgerechnet von dieser Bundesregierung etwas anderes zu erwarten.

Marx war schon lange nicht mehr so aktuell

Über längere Zeit konnte der Eindruck entstehen, dass deutsche Konzerne ihre Profite hauptsächlich an ausländischen Standorten, an der Börse oder auf den Finanzmärkten verdienen. Nun musste sogar die Allianz in dem oben zitierten Working Paper zugeben, „dass die Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahre die bessere Ertragslage der Unternehmen“[1] überhaupt erst ermöglicht hat. So hat die Summe aller Löhne und Gehälter seit 2002 trotz deutlich gestiegener Beschäftigtenzahl nur um acht Prozent zugenommen, während der Betriebsüberschuss um fast das Fünffache zulegte, nämlich um 37 Prozent.[2] Wobei gesagt werden muss, dass der Betriebsüberschuss ausschließlich die inländischen Gewinne erfasst und deshalb den Ausbeutungsgrad der lebendigen Arbeitskraft im eigenen Land beschreibt. Verantwortlich für die verstärkte Ausbeutung sind vor allem niedrige Lohnabschlüsse und längere Arbeitszeiten. Die Analysten von Allianz und Dresdner Bank betonen auch, dass die teilweise deutlichen Tariferhöhungen in einzelnen Branchen nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, dass die Löhne insgesamt stagnieren, weil es in den tariffreien Zonen und bei der Leiharbeit so gut wie keine Erhöhungen gegeben hat. Die Effektivverdienste je Beschäftigten werden in diesem Jahr deshalb nur um 2,5 bis 3 Prozent steigen, was nicht einmal die Preiserhöhungen ausgleichen dürfte. Der Betriebsüberschuss soll sich nach den zitierten Berechnungen dagegen um 4,2 Prozent erhöhen.

Kehrt man von diesen Zahlen zu den angekündigten Steuersenkungen für die so genannten „Leistungsträger der Mittelschicht“ zurück, dann zeigt sich zweierlei: Erstens haben selbst die Lohnsteuer zahlenden Beschäftigten kein Netto-, sondern ein Brutto-Problem und zweitens ist die deutlich verbesserte Ertragslage der Unternehmen nichts anderes als die Kehrseite der schlechten Lohnentwicklung.

 

Harald Werner 3. Juni 2008

 

 


[1] Allianz Working Paper Nr. 105

[2] Ebenda eigene Berechnungen


[angelegt/ aktualisiert am  04.06.2008]