Harald Werner - Alles was links ist
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Konjunkturpakete:

Im Tal der Ahnungslosen

Allenthalben wird jetzt über Konjunkturpakete gestritten, nachdem sich die politischen Eliten und Wirtschaftsweisen lange weigerten das K-Wort überhaupt in den Mund zu nehmen. Um die jetzige Korrektur der eigenen Glaubenssätze zu verbergen, heißt die Angelegenheit nun auch nicht mehr Konjunkturprogramm, sondern „Paket“. Liegt es nun an der neuen Sprachregelung oder an der allgemeinen Vergesslichkeit, dass sich kaum jemand daran erinnert, was die Konjunktur wirklich belebt?

Über eines darf man sich zumindest freuen: Quer zum neoliberalen Aberglauben wird sogar von Union, FDP und Grünen akzeptiert, dass der Staat nicht nur für die Verbesserung der Angebotsseite, sondern auch für die Nachfrage verantwortlich ist. Das Umdenken der SPD geht da schneller, hinkt aber weit hinter ihren ehemaligen „Weltökonomen“ vom Schlage Schiller und Schmidt zurück. Am Sonntagabend, in der fast unerträglichen Talkshow von Anne Will, konnte man sich davon überzeugen, dass offensichtlich nur noch der Berliner Finanzsenator Sarrazin eine leichte Ahnung hat, was die Konjunktur belebt. Womit sich wieder einmal zeigt, dass ökonomische Kompetenz nicht unbedingt an soziale gebunden ist. Immerhin stellte er richtigerweise fest, dass im Moment jeder das fordert, was er schon immer haben wollte, und dieses dann Konjunkturpaket nennt.

Am stärksten trifft das natürlich auf Union und FDP zu, denen als erstes Steuer- und Beitragssenkungen einfallen. Doch die Nachfragebelebung durch Steuererleichterung und Senkung der Sozialabgaben ist nicht nur reine Angebotspolitik, sondern auch so deutlich unsozial, dass es sogar Anne Will auffallen musste. Die Hälfte aller Bundesbürger zahlt nämlich gar keine Einkommensteuern und von der anderen Hälfte werden sich die meisten zwar über die Steuererleichterung freuen, sie aber nicht konsumieren, sondern zur Aufstockung ihrer Sparguthaben verwenden. Auch bei der vorgeschlagenen Senkung des Krankenkassenbeitrages werden sich vor allem die Arbeitgeber freuen, die deshalb selbstverständlich auch nicht ihre Investitionen, sondern ihre Risikorücklagen erhöhen.

Überhaupt scheinen die Wenigsten momentan zu verstehen, dass Konjunkturprogramme ihre Wirkung völlig verfehlen, wenn sie auf dauerhafte Veränderungen abzielen. Konjunkturprogramme können und dürfen zu keinen langfristigen Finanzierungseffekten führen, weil es lediglich um einen Zündeffekt geht. Deshalb müssen sie nicht nur groß genug sein, sondern auch so schnell kommen, dass sie eine sofortige Wirkung erzielen. Hier ist schnelles Klotzen gefragt, denn wenn die Rezession erst begonnen hat, zünden auch Konjunkturprogramme nicht mehr.

Harald Werner 8. Dezember 08


[angelegt/ aktualisiert am  08.12.2008]