Harald Werner - Alles was links ist
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Welche

Partei

wäre nicht glücklich, unsere

Probleme

zu haben


[angelegt/ aktualisiert am  25.01.2010]

 
 
 

Versucht man eine Bilanz über das vergangene Jahrzehnt zu ziehen, so überwiegen die Niederlagen, das Scheitern von Politikkonzepten und der Niedergang einstmals mächtiger Volksparteien. Zur SPD muss man nichts mehr sagen, die CSU ist entthront und die Union auf dem schlechtesten Stand seit Adenauer. Der Neoliberalismus hat sich blamiert und während die neue Sozialdemokratie zerschrödert wurde, erkämpfte die LINKE Wahlergebnisse, die es links von der SPD seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr gab. Noch besser steht die LINKE da, wenn es um ihre Wirksamkeit geht. Die SPD propagiert jede Menge Konzepte, die sie nicht nur von der LINKEN übernommen hat, sondern vor Jahren noch radikal ablehnte: Gesetzlichen Mindestlohn, Beschränkung der Zeitarbeit, Revision von Hartz IV und Abzug aus Afghanistan. Als PDS und LINKE das forderten, hieß das alles noch Populismus. Selbst die Union hat bei uns abgeschrieben und fordert eine Börsentransaktionssteuer, während der CSU Geschäftsführer sogar „das Kasino schließen“ möchte. Ganz zu schweigen davon, dass Union, SPD und Grüne die Banken plötzlich zur Kasse bitten wollen, weil sie die Krise mit verursacht haben. Die Öffentlichkeit nimmt kaum zur Kenntnis, dass sich die LINKE mit ihrer Politik durchgesetzt hat – auch die Mitglieder der LINKEN viel zu selten.

Was bleibt, ist der Vorwurf, die LINKE sei hoffnungslos zerstritten. Tatsächlich ist ihre ideologische Bandbreite eben so beachtlich, wie die Vielfalt ihres sozialen und kulturellen Milieus. Ob das ein Problem ist, kann man bezweifeln, wenn man die ideologische Leere der anderen Parteien betrachtet oder ihre Unfähigkeit zur Integration politikferner sozialer Gruppen. Volksparteien sind sie schon lange nicht mehr, weder von ihrer Wählerstruktur her und erst recht nicht was die Mitgliedschaft angeht. Die LINKE ist nicht nur wesentlich bunter, sie auch die einzige Partei, die im unteren Teil der Gesellschaft zu Hause ist. Und was den angeblichen Ost-West-Konflikt betrifft, so bleibt er den anderen Parteien schon deshalb erspart, weil sie im Osten keine vergleichbare Rolle spielen.

Oder reden wir über Zerrissenheit: Die Hauptforderungen der LINKEN stoßen in der Partei auf eine fast schon bedenkliche Einigkeit, die Unterschiede ergeben sich in der Antwort auf die Frage, wie und wo man sie durchsetzt. Bei den anderen Parteien ist es umgekehrt, sie sind bei den Sachthemen hoffnungslos zerstritten, sich aber völlig einig, dass man unbedingt regieren muss, egal mit wem – außer mit der LINKEN natürlich. Die schwarz-gelbe Koalition ist in den politischen Hauptfragen, nämlich in der Steuer- und Finanzpolitik, der Gesundheitspolitik und dem Umgang mit der Arbeitslosigkeit oder der Kernenergie in einer Weise zerrissen, die kaum noch zu überbieten ist. Frau Merkel würde sich glücklich schätzen, wenn sie in ihrem Laden nur annähernd so viel Übereinstimmung hätte, wie man sie bei der LINKEN finden kann. 

Natürlich sind die Medien weniger an guten, als an schlechten Nachrichten über die LINKE interessiert. Die einen aus grundsätzlichen Erwägungen, die anderen weil sie ohnehin zur Skandalisierung neigen. Wobei man zugeben muss, dass die LINKE den interessierten Berichterstattern und Kommentaren bei der Produktion schlechter Nachrichten  außerordentlich entgegenkommt. Offene Mikrofone und laufende Kameras sind für einige namhafte Mitglieder dieser Partei all zu verführerisch, um einfach mal die Klappe zu halten. Insbesondere wenn sie ihre mediale Aufmerksamkeit vor allem der Tatsache verdanken, sich als Kritiker der einen oder anderen Strömung einen Namen gemacht zu haben. Andererseits sind viele Mitglieder der LINKEN zwar von einer tiefen Abneigung gegenüber der angeblich bürgerlichen Presse durchdrungen, glauben ihr aber aufs Wort, wenn sie schlechte Nachrichten über die jeweiligen Parteigegner verbreitet. Wir hätten weniger Querelen und weniger schlechte Nachrichten, würde man einfach mal zum altmodischen Telefon greifen, statt Kaskaden von eMails zu versenden und empörte Briefe ins Netz zu stellen und bevor man sich der Presse anvertraut, wäre es sinnvoll daran zu denken, was die eigentlich hören will. 

Harald Werner 25. Januar 010


[angelegt/ aktualisiert am  25.01.2010]