Harald Werner - Alles was links ist
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Das taktische Unvermögen der Alpha-Tiere

Koalitionen kommen auf Grund von Kompromissen zustande und nicht durch Unvereinbarkeitsbeschlüsse. Doch beim Aushandeln der rot-grünen Koalition für den Berliner Senat haben die beiden Verhandlungsführer bereits am Anfang eine Unvereinbarkeitserklärung abgegeben, die ein Scheitern unausweichlich machte. Und das bei einer Schnittmenge von Gemeinsamkeiten, die so groß ist, dass ein Autobahnzubringer von 3,2 Kilometern da kaum mithalten kann. Warum hat der Grüne Volker Ratzmann diese Gemeinsamkeiten - von der strategischen Bedeutung dieser Koalition für den Bund  einmal abgesehen – gegen einen Autobahnzubringer eingetauscht? Der übrigens auf Grund des Scheiterns von Rot-Grün jetzt mit Windeseile gebaut werden wird. Warum hat Klaus Wowereit ausgerechnet jetzt auf seiner Autobahnauffahrt bestanden, wo er es doch zehn Jahre mit der LINKEN aushalten konnte, die diese ebenfalls nicht wollte? Was hat die Grünen geritten, einen Kompromiss anzubieten, der dem CSU-Autobahnbauer die einmalige Gelegenheit gab, Rot-Grün zu Fall zu bringen? Dümmer geht´s nimmer, würde der Volksmund sagen. Umwidmung der 450 Millionen Bundesmittel für Schallschutzwände und Reparaturarbeiten – das wäre schon mit einem SPD-Verkehrsminister schwer zu machen gewesen. Wer aber von Ramsauer erwartet, dass er dem zustimmt, damit in Berlin eine rot-grüne Koalition gebildet werden kann, kann von Politik nicht viel verstehen.

Man könnte meinen die beiden Alpha-Tiere haben die Koalition auch gar nicht gewollt. Klaus Wowereit nicht, weil er lieber mit der CDU will, was die Grünen behaupten und Volker Ratzmann nicht,  weil er überhaupt nicht will. Was das Letzte ist, was man ihm unterstellen könnte. Warum also? Vermutlich aus dem simplen Grund, dass beide zu einer gewissen  Selbstüberschätzung neigen und jegliches taktisches Geschick verlieren wenn ihre Rolle als Alpha-Tier zur Disposition steht. Denn es hätte jede Menge Varianten gegeben, den Stein aus dem Weg zu räumen. Was hat die beiden Seiten gehindert die Angelegenheit auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl zu verschieben, statt ausgerechnet Ramsauer die Entscheidung zu überlassen. Warum haben die Grünen keinen Volksentscheid gefordert? Was in Berlin nicht nur rechtlich, sondern auch politisch aussichtsreicher ist, als etwa im Fall von Stuttgart 21. Man hätte Zeit gewonnen, mehr Demokratie gewagt, Vernünftiges für Berlin tun können und gemeinsam sowohl sozial, als auch ökologisch mehr erreicht, als mit der CDU möglich sein wird. Und wir wären dem  rot-grünen, wahrscheinlich aber auch dem rot-rot-grünen Projekt im Bund ein Stück näher gekommen.

 

Was tun?

 

Der LINKEN wird nur eine Wahl bleiben, sie muss Rot-Schwarz scheitern lassen, damit die politische Ausweglosigkeit einer solchen Koalition noch vor der nächsten Bundestagswahl unübersehbar wird. Ansatzpunkte dafür gibt es in Fülle. Erstens wollten 70 Prozent der Berlinerinnen und Berliner eine linke und keine mittig-rechte Regierung und zweitens ist dies eine selbstbewusste und unruhige Stadt, wo der Bürgerprotest besser gedeiht, als die Sympathiewerte  der Regierenden. Daran sollte sich die LINKE ebenso erinnern, wie an die von ihr selbst auf den Weg gebrachte Erleichterung von Volksentscheiden. Sie hat sie Regierungspartei durchgesetzt, jetzt muss sie lernen, sie als Opposition einzusetzen. Und zwar immer genau da, wo es der SPD unangenehm wird. Unangenehm deshalb, weil sie sich ihrer eigenen Abgeordneten und Mitglieder nicht. sicher sein kann.

Heidi Knake-Werner

Harald Werner


[angelegt/ aktualisiert am  10.10.2011]