Niemand kann sagen, was geschehen würde, wenn die Griechen einfach Nein sagen würden. Bleibt man in der Logik, die die Finanzmärkte geschaffen und die Politik längst schon akzeptiert hat, dann wird Griechenland in eine Staatspleite rutschen, es wird kein Geld für Renten und Löhne mehr geben und die viele europäische Banken werden Milliarden abschreiben müssen. Das wird an sämtlichen Euro-Ländern nicht spurlos vorbeigehen. Wie gesagt: Wenn man die Logik der Finanzmärkte akzeptiert. Sie nicht zu akzeptieren würde heißen, die Vorherrschaft der Politik durchzusetzen und dem griechischen Volk ein zustimmungsfähiges Angebot zu machen. Europa hat nicht zu wenig Kapital für eine solche Operation, sondern zu viel. Es befindet sich just in den Händen, die wir abstrakt als Finanzmärkte beschreiben gelernt haben, obwohl es sich um konkrete Menschen handelt, die sich in den vergangenen Jahrzehnten just die Milliarden angeeignet haben, die als Schulden in den Staatshaushalten lagern. Wenn die Einschränkung über die Verfügungsgewalt dieser nach Billionen zählenden Geldmasse gegen die Prinzipien der herrschenden Wirtschaftsweise verstößt, dann muss man auch zugeben, dass die Einhaltung dieser Prinzipien gegen die Demokratie verstößt.
Lassen wir mal die Unwägbarkeit der ökonomischen, zur Wiederherstellung der Demokratie notwendigen Maßnahmen außer Acht, so gibt es doch für die Zukunft der Menschheit im 21. Jahrhundert nichts Wichtigeres als die Demokratie. Die Masse der auf uns lastenden Probleme ist so gewaltig, dass sie ohne das Mitdenken und Mittun der Menschen nicht zu bewältigen ist. Wer ihnen wie im Falle der Griechenland-Krise nicht vertraut und die Macht den Experten überlässt, hat den Weg in eine Diktatur des großen Geldes eingeschlagen, die die Menschheit in Krieg und Terror stürzen wird.
Harald Werner, 3.November 2011