Frei nach dem Wahlspruch der BZ - „Fühlen, was geschieht“ – fühlt sich die Autorin Stephanie Jungholt so richtig in die Linke hinein und fragt einfühlend:
„Oder hatten Sie je das Gefühl, Oskar Lafontaine sei ein heiterer, gelassener und zufriedener Mensch?“
Nein natürlich nicht, denn so sagt uns Stephanie:
„Wer politisch links steht, so die Forscher, nimmt Missstände in der Welt viel schmerzhafter wahr als Konservative.“
Da nickt Friedel Springer zusammen mit allen Konservativen in ihr Sektglas, greift seufzend zur Auster und liest:
„Ich glaube, das Problem der Linken ist, dass sie nicht differenzieren können. Dass sie sich verzetteln in ihrer Verzweiflung darüber, was alles schlecht ist in der Welt und so das Gute übersehen. Dass sie nicht unterscheiden können zwischen dem, was sie ändern können und dem, was sie akzeptieren müssen.“
Und wieder nicken die glücklichen Konservativen, werfen einen seufzenden Blick auf den DAX und nehmen sich noch eine Auster. Doch seien wir mal objektiv: Friedel Springer und ihre zufriedenen Konservativen mögen zwar Sekt und Austern, aber die BZ lesen sie sicher nicht. Die größte Zeitung des freien Berlin wird vor allem von Hartz IV-Geschädigten gelesen und liegt in den schäbigen Pausenräumen der Armutslöhner. Fraglich, ob sie überwiegend links sind. Doch mit Sicherheit nehmen sie die „Missstände in der Welt viel schmerzhafter wahr als Konservative“, so dass sie Stephanie Jungholt eigentlich dankbar sein müssen, wenn sie ihnen ermutigend zuruft:
„Es gibt eine Menge Dinge, die man tun kann, um die Welt ein bisschen besser zu machen: spenden, fairtrade kaufen, sich ehrenamtlich engagieren, Müll trennen, einen Hund aus dem Tierheim holen usw. Alles Dinge, die auch glücklich machen können.“
Da sollte sich die alleinerziehende Empfängerin von Hartz IV zu Herzen nehmen bitteschön, dem nächsten Obdachlosen einen Euro schenken, den Kaffe nicht mehr bei Aldi, sondern im fairen Handel einkaufen und wenn das des Glückes nicht genug ist, vielleicht beim Tierheim vorbeischauen. Die Welt kann ja so gut sein. Man muss nur differenzieren und sich abfinden können. Das Schlimme ist, dass es des Ratschlages der BZ nicht bedarf, dass sich die Unglücklichen längst damit abgefunden haben, dass eh nichts zu ändern ist. Wäre es anders, würden sie vielleicht völlig undifferenziert reagieren und dem Springer-Haus einen Besuch abstatten, wie ihn das Haus an der Rudi-Dutschke-Straße schon lange nicht mehr erlebt hat.
Harald Werner 3. Oktober 07