Harald Werner - Alles was links ist
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Ausgangspunkt der zahlreichen Kommentare und kommentierenden Berichte ist einerseits eine neue Emnid-Umfrage und andererseits der Richtungsstreit in der SPD, bei dem es letztlich um nicht weniger geht, als um eine Kurskorrektur. Die Ergebnisse der Emnid-Umfrage schienen der Berliner Morgenpost so spektakulär, dass sie den Emnid-Geschäftsführer unter der Überschrift „Deutschland rückt nach links“ selbst zu Wort kommen ließ. „34 Prozent der Deutschen bezeichnen inzwischen ihre politische Grundeinstellung als `links`, vor 25 Jahren waren es nur 17 Prozent.“ Dieser seit Jahrzehnten einmalige Stimmungsumschwung spiegelt sich auch in der Haltung zu linken Themen wider: 68 Prozent sind für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes, 82 Prozent wollen, dass die Rente mit 67 abgeschafft wird und 62 Prozent halten die Beteiligung deutscher Truppen am Afghanistan-Einsatz für falsch. Das heißt nicht weniger, als dass DIE LINKE für ihre Spitzenthemen eine Zwei-Drittel-Mehrheit besitzt. Als ein Witz der Weltgeschichte musste es vielen erscheinen, dass DIE LINKE in Ostdeutschland mittlerweile stärkste Partei ist. 17 Jahre nach der Wende hat DIE LINKE erreicht, was die SED in freien Wahlen niemals erreicht hätte.

In der BILD-Zeitung fragte Hans-Olaf Henkel erschrocken „Auf einmal alles links?“ und stellte fest: „Oskar Lafontaine treibt nicht nur die Linke, er treibt ganz Deutschland vor sich her, nach links“ Dass die SPD davon nicht unberührt bleibt, war das Thema der Woche. Dass Beck die Agenda 2010 korrigieren möchte, hat die eigene Partei eben so in Aufregung versetzt wie den Koalitionspartner. Maßgeblich sind wohl auch hier die Umfragewerte. Die Sozialdemokraten kommen aus ihrem Allzeittief zwischen 25 und 28 Prozent nicht heraus und 72 Prozent der Deutschen beklagen, dass die Große Koalition zu wenig für die soziale Gerechtigkeit tut. Nach Wählermeinung sorgt sich DIE LINKE viermal so viel um soziale Gerechtigkeit wie die SPD. Der Sozialdemokratie wird auch immer deutlicher, dass es 2009 einen Wechsel von Schwarz-Rot zu Schwarz-Gelb geben könnte und eine Koalition von SPD, Grünen und Linker langsam mehrheitsfähig wird. Schwarz-Gelb hat nur noch einen Vorsprung von einem Prozentpunkt.

Natürlich hat DIE LINKE mit der SPD und den Grünen so viele programmatische und personelle Differenzen, dass eine Koalition nach 2009 so gut wie ausgeschlossen ist. Doch egal, wer dann die Regierung bildet, es wird eine Regierung sein, die zwar eine Mehrheit der Stimmen aber keine inhaltliche Mehrheit hat. Eine spannende Frage, welche Politik daraus folgt.

Harald Werner 5. Oktober 2007


[angelegt/ aktualisiert am  05.10.2007]