Harald Werner - Alles was links ist
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Linksruck der SPD?

Wirtschaftliche wie politische Konjunkturzyklen erkennt man nicht an aktuellen Daten, sondern an über mehrere Jahre reichenden Zeitreihen. Der Zenit von Rot-Grün war überschritten und mündete in einen relativ schnellen Abstieg, als mit den Montagsdemonstrationen gegen die Hartz-Gesetze der erste wirklich spontane Sozialprotest stattfand. Ohne sie hätte es keine WASG gegeben, damit kein neuer Schub für das Zusammenwachsen von Ost- und West-Linken und ohne dies alles keine vorgezogenen Neuwahlen. Natürlich war die erste Folge dieser Ereigniskette das Einbrechen der SPD und das Erstarken der Union bei den Bundestagwahlen, doch wer gemeint hatte, dass die Große Koalition den rot-grünen Kurs verschärft fortsetzen würde, sah sich getäuscht. Sie trat sozialpolitisch auf der Stelle und die Union ist sichtbar bemüht, insbesondere durch die Frage der Kinderbetreuung, die SPD links zu überholen. Vor allem hat DIE LINKE durch ihre Wahlerfolge und das ständige Steigen ihrer Umfragewerte dazu beigetragen, die SPD nach links zu treiben und sich zum Beispiel in der Mindestlohnfrage von der CDU/CSU abzusetzen.

Das alles mag vielen Linken nicht genügen und es genügt auch nicht, um den Sozialdemokraten einen Kurswechsel zu bescheinigen. Und doch gibt es einen Kurswechsel in der öffentlichen Meinung (Vergl. Dazu den unten stehenden Artikel „Links tut sich was“) Die SPD hat dies zur Kenntnis genommen und tut was sie tun kann, um dem Allzeittief ihrer Umfragewerte zu entkommen: Sie blinkt links, bleibt weiter in der Mitte und hofft, dass DIE LINKE an Tempo verliert. Gut möglich, dass ihr Kalkül aufgeht. Insbesondere dann, wenn DIE LINKE mehr auf die wöchentlichen Wahlbarometer als auf den langfristigen Klimawandel achtet. Wenn sich die politische Achse nach links verschiebt, auch wenn das vorerst nur die öffentlich Meinung betrifft, müssen die sich neu abzeichnenden Bedürfnisse der Öffentlichkeit aufgegriffen und programmatisch wie praktisch politisch befriedigt werden, um die Linksverschiebung zu festigen. Überhaupt keinen Erfolg bringt es, in dieser Situation um das Erstgeburtsrecht oder um den Titel der wahren Linken zu streiten.

Harald Werner 29. Oktober 2007

 


[angelegt/ aktualisiert am  29.10.2007]