Im Zuge des neoliberalen Gesellschaftsumbaus haben sich sozialfeindliche Unternehmensstrategien etabliert, die neue Märkte und Renditequellen überwiegend durch Lohndumping erschließen wollen. Deshalb hat DIE LINKE bei ihrer Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von Anfang an betont, dass es nicht allein um die unmittelbar betroffenen Beschäftigten oder sogar nur um Friseurinnen und Wachleute geht, sondern um einen grundsätzlichen Kampf gegen diese Unternehmensstrategien. Die PIN AG ist in dieser Hinsicht ein geradezu exemplarisches Beispiel. Hier hat der Springerkonzern den Einstieg in das Postgeschäft versucht und seine Erfolgsaussichten nicht auf bessere und billigere Leistungen gegründet, sondern auf Lohndumping. Es ist zwar sehr fraglich, ob die PIN AG tatsächlich wegen der Einführung des Post-Mindestlohnes Arbeitsplätze vernichten muss oder die Geschäftsidee ohnehin gescheitert ist. Doch mit Sicherheit entlarvt ihre Ankündigung von Massenentlassungen, dass sie bei einem Gleichziehen mit den Löhnen der gelben Post ohne Chancen ist. Wobei daran zu erinnern wäre, dass Post-Chef Zumwinkel wenige Wochen vorher ankündigte, dass die Post bis zu 30.000 Arbeitsplätze verlieren wird, wenn sie gegen Lohndumping betreibende Unternehmen wie TNT oder PIN konkurrieren müsse.
Bei aller Vorsicht gegenüber starken Begriffen, ist der Konflikt um den Post-Mindestlohn tatsächlich als „real existierender Klassenkampf“ zu bezeichnen, weil sich die Debatte auf die Frage nach dem Ende einer Wirtschaftslogik stellt, die seit Jahren den Ton angibt. Es geht darum ob der Wettbewerb im gegenwärtigen Kapitalismus um Qualität und Arbeitsproduktivität geführt wird, oder um die niedrigsten Löhne. Die PIN AG hat deutlich gemacht, dass auch viele Großunternehmen bei ihren Geschäftsideen nur auf Lohndumping setzen. Man wird die Debatte um den gesetzlichen Mindestlohn genau auf diesen Punkt konzentrieren müssen.
Harald Werner 6. Dezember 2007